über

Heilkünstlerei

von Ulla Wilberg

Du hast mich neugierig gemacht. Wie kann man auf einem Friedhof Kultur veranstalten?

Erste Hilfe leistet die Suchmaschine. Da taucht dann der Schriftzug auf, der einem so bekannt ist, dass er einen in die Kindheit zurückwirft. Er gleicht der Verpackung von Pflastern, die geschnitten wurden oder dieser Rolle mit Verbandsklebeband, wenn Mull zum Einsatz kam. Letztendlich war man dann gut aufgehoben und wusste, alles wird gut.

So empfinde ich meine erste Begegnung mit dem Pavillon auf dem evangelischen Friedhof Hugostraße – alles wird gut.

Nach meiner Odyssee auf der linken Seite des steilen Areals erklärt mir ein freundlicher Herr, dass ich auf die andere Straßenseite müsse, da der Friedhof geteilt sei, und dann hinunter zum Eingang. Ich ärgere mich nicht über meinen Umweg. Die Sonne scheint, und ganz oben auf dem Berg ist ein Spielplatz zu sehen, der voller Leben ist. Hier kommt alles zusammen. Das Leben und das Sterben. Dazu die pralle Natur. Eine Ansammlung unzähliger Pflanzen, die sich in den Himmel strecken. Dazwischen all die abgeworfenen bunten Blätter.

Und da ist der Pavillon mit der Heilkünstlerei. Ein architektonisches Relikt. Hier war wahrscheinlich ein Blumenladen drin, die Friedhofsgärtnerei. Jetzt ist es ein Kunstort, der gerade Sommerpause macht. Die Nähe zum Tor birgt zwei Chancen. Beim Eingang lässt man ganz schnell den Alltag mit seinem Stress hinter sich. Wird einem die überwältigende Ausstrahlung des Ortes zuviel, oder überfällt einen der Gedanke an alle, die nicht mehr da sind, ist der Fluchtweg kurz.

Hier treffen Leben und Tod aufeinander ohne Angst zu machen. Gegenüber der Friedhofsgrenze ist das Leben in einer Häuserzeile verstaut. Rund um die Heilkünstlerei ist Luft zum Atmen und ein weiter Blick in das städtische Grün. Momentan spielt sich hier nichts ab. Es ist Sommerpause. Ein Plakat sagt: „Macht Platz, finstre Wolken“. Welch ein Glück, dass heute die Sonne scheint.

Wer hier zu Kulturveranstaltungen kommt, lässt los vom Alltag und gibt sich der Wahrnehmung hin. Ein inspirierender Ort. Die Gedanken sind frei!